Dr. med. Fatimah Saehrendt
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06 Feb
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Auszug aus einem Interview des Berner Landboten in Thun, publiziert am 13. Dezember 2023, Nr. 23 / Sonja L. Bauer.

Fatimah Saehrendt ist Kinderärztin und Hypnosetherapeutin. Für sie ist der Weg via Hypnose der natürlichste zu mentaler Gesundheit. Worte können einen Heilungsverlauf beschleunigen, aber auch eine Symptomverschlechterung bewirken. 

Leider wird die hohe Kunst der Kommnikation zum Wohle des Patienten zu keiner Zeit während der Ausbildung in den medizinischen Fachberufen gelehrt. Aus diesem Grund habe ich mich zur Hypnosetherapeutin ausbilden lassen, sagt die Kinderärztin. 

Im Laufe der jahrzehntelangen Arbeit in der Kinderarztpraxis bin ich immer wieder an die Grenzen der Schulmedizin gestossen, da ich im Praxisalltag die psychosomatischen Probleme in der kurzen Behandlungszeit nicht nachhaltig habe lösen können.

Als Kinderärztin liegt mir die Prävention besonders am Herzen. Umso früher wir Kindern helfen, sich von belastenden Glaubenssätzen, Ängsten, Phobien und Traumata zu befreien, desto eher gelingt ihnen ein selbstbestimmtes und glückliches Leben.

Die Kombination ihrer schulmedizinischen Erfahrung mit dem Element der Hypnose eröffnete den Kindern einen Perspektivenwechsel. 

In Hypnose erleben Kinder, dass sie Zugang zu ihren eigenen, selbststärkenden Ressourcen haben. Gefühle können verstärkt oder abgeschwächt werden, Wahrnehmungen wie Schmerzen verändert werden.

Die Kreativität des Patienten ist sinnesbezogen gesteigert, eine Öffnung für neue Lösungen ist möglich. Diese intensive Selbstwahrnehmung gelingt Kindern besonders gut. Das kreative Erleben ihrer Ressourcen eröffnet ihnen Zugang zu eigenen Lösungswegen. Kinder lieben diese Erfahrung, selbst etwas erreicht zu haben, das macht sie stolz und glücklich. In Hypnose eröffnen sich Antworten und Lösungswege, die sie mit Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit umsetzen.

Aber was genau passiert in Hypnose und wie können die Hypnose-Therapeutinnen und -therapeuten zur Selbstregulation und einem positiven Selbstbild beitragen? 

Jeder Mensch braucht für sich das Gefühl, einzigartig und wertvoll zu sein. Hypnose ist nicht nur die älteste, sondern auch eine der potentesten psychologischen Methoden die Wirklichkeitskonstruktion mit Hilfe des Zugangs zum Unterbewusstsein eines Menschen zu verändern. 

Das Bewusstsein kann 60 Bits pro Sekunde verarbeiten. Das Unterbewusste hingegen kann ca. 11,2 Millionen Bits pro Sekunde verarbeiten. Somit ist die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Menge des Unterbewussten zirka 200 000 Mal grösser als diejenige des Bewusstseins.

Wie fühlt es sich an, in Hypnose zu sein? 

Forschende des Instituts für Psychologie der Universität Bern konnten nachweisen, dass nicht nur bewusste, sondern auch unbewusste alltägliche Erlebnisse von unserem Gedächtnis abgespeichert werden. Bemerkenswert ist, dass die unbewussten Erlebnisse – im Unterschied zu den bewussten – vom Gehirn nicht wieder gelöscht würden. Professorin Katharina Henke sagt, dass man schätze, dass 80 Prozent aller psychischen Inhalte nicht bewusst seien. In ihren Studienresultaten sehe sie einen Hinweis darauf, dass der Einfluss des Unbewussten bisher massiv unterschätzt worden sei. 

Genau dieses Phänomen können wir in der Hypnose nutzen, da wir in der hypnotischen Therapie Zugang zum unbewussten emotionalen Erfahrungsgedächtnis haben. Längst vergessene traumatische Ereignisse werden erlebt und können in einer für das Unterbewusstsein akzeptablen Erfahrung neu bewertet werden. Viele Menschen erwarteten, dass Hypnose sich aussergewöhnlich anfühlt. Hypnose ist eigentlich ein völlig natürlicher Zustand, vergleichbar mit jenem, wie wir ihn vor dem Einschlafen oder Aufwachen am Morgen kennen. Es gibt kein bestimmtes Hypnose-Gefühl. Das Unterbewusstsein tritt in den Vordergrund und ist empfänglich für Suggestionen. Der hypnotische Zustand ist vergleichbar mit der Wahrnehmung eines Kindes, offen und neugierig für die eigene Gefühlswelt. Das rationale, vernünftige Denken tritt in den Hintergrund, ein neuer kreativer Lösungsweg wird frei. Es spiele keine Rolle mehr, was man könne und dürfe, was andere darüber dächten. 

Ich bin stets beeindruckt vom Strahlen in den Augen, wenn Kinder nach der Hypnose wieder ins Alltagsbewusstsein kommen. Auch der Körper entspannt sich in der Hypnose, die Atmung wird ruhiger, man fühlt sich wohl, vergleichbar mit jenem natürlichen Zustand, in dem wir uns alle mehrmals am Tag unbewusst befinden: beim Autofahren, Lesen usw.

Manche fragen sich, ob man auch gegen den eigenen Willen hypnotisiert werden könne. Das ist nicht möglich. Hypnose kann nur wirksam sein, wenn der Klient ein gutes Vertrauensverhältnis zum Therapeuten hat, sein Einverständnis gibt und bereit ist, aktiv und gemeinsam an Lösungen im Unterbewusstsein zu arbeiten. Dabei ist der Klient sein eigener Therapeut, denn jede Hypnose ist eine Form der Selbsthypnose.

Auch der deutsche Fernseharzt Eckhart von Hirschhausen sagt, was wunderbare Worte bewirken können -  und dass er in seiner ganzen Ausbildung nichts von der Magie der Hypnose gehört hat...

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