Dr. med. Fatimah Saehrendt
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19 Jan
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Fatimah Saehrendt ist Kinderärztin und Hypnosetherapeutin. Für sie ist der Weg via Hypnose der natürlichste zu mentaler Gesundheit.

Auszug aus einem Interview des Berner Landboten in Thun, publiziert am 13. Dezember 2023, Nr. 23 / Sonja L. Bauer

«Wir leben in einer Zeit der grossen Veränderungen. Rasante technologische Entwicklungen wie im Bereich der künstlichen Intelligenz, unsichere globale Welt- und Geldpolitik, Verlust der Biodiversität und Krieg in Europa verursachen Zukunftsängste», 

sagt Fatimah Saehrendt. Sie ist Kinderärztin und ausgebildete Hypnosetherapeutin. 

«Viele Menschen fühlen sich von diesen Problemen und der damit verbundenen Reiz- und Informationsüberflutung überwältigt. Auch der Leistungsdruck im Berufsleben, die permanent geforderte Erreichbarkeit und der allgegenwärtige Optimierungszwang tragen dazu bei, dass die Krankenstände aufgrund psychischer Erkrankungen rapide steigen.» 

Auch mit Blick auf die eigene Gesundheit wird die allgemeine Verunsicherung deutlich: «Wie die neuesten Erhebungen des Tarif-Monitoring des Berufsverbandes der Schweizer Ärzte (FMH) zeigen, findet ein regelrechter Ansturm der Patienten auf die Notfallstationen und die Praxen statt.»

Mentale Gesundheit als Schlüssel                         

In den vergangenen Jahren haben Kinder und generell die jüngere Generation durch zunehmenden Medienkonsum, Bewegungsmangel und soziale Isolation, unter anderem auch als Folge der Corona-Massnahmen und der immer weiter um sich greifenden Digitalisierung aller Lebensbereiche, eine Verschlechterung der Lebensqualität hinnehmen müssen. 

«Sie benötigen dringend Ressourcen, um positive Lebensperspektiven entwickeln zu können.» 

Die Corona-Politik der Jahre 2020 bis 2022 hat schmerzhaft bewiesen, dass Angst kein guter Ratgeber ist und zu nachhaltigen Folgeerkrankungen führt. 

«In den Corona-Jahren hat jeder einzelne Mensch auf der Welt gespürt, wie wichtig die eigene mentale Gesundheit ist. In dieser globalen Ausnahmesituation haben wir alle zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ein globales, kollektives Gefühl der Angst teilen müssen. Die Auswirkungen dieses vollkommen neuen Phänomens sind noch nicht absehbar.»

Aber was haben wir daraus gelernt? 

«Dass die Resilienz des Menschen gestärkt werden muss.» 

Und wie bemisst sich diese Resilienz einer Gesellschaft in Krisenzeiten? 

«Mentale Gesundheit ist der Schlüssel für eine gesunde Gesellschaft.» 

Was bedeutet mentale Gesundheit und wie kann ich sie erhalten? 

«Dies sind zentrale Zukunftsfragen, nicht nur für jeden Einzelnen, sondern auch für die Gesundheitspolitik. Konkret gefragt geht es darum, wie wir den bereits entstandenen Schaden reparieren und wie wir vorsorgen können.» 

Hier kommt die Salutogenese, die Selbstermächtigung, ins Spiel. Jeder Mensch hat in diesem Kontext Ressourcen und Schutzfaktoren. 

  • Ein erster Punkt ist eine positive Selbst- und Fremdwahrnehmung (als Voraussetzung für soziale Kompetenz). 
  • Ein zweiter die Fähigkeit zur Selbstregulation (Kontrollbedürfnis und Ausleben des freien Willens). 
  • Als dritter Punkt das Bedürfnis nach Selbstwert und Selbstwirksamkeit
  • Und viertens: «Die Fähigkeit zum Erleben positiver Emotionen. Die Arbeitsleistung des Gehirns wird dadurch bestimmt, dass es ständig versucht, einen kohärenten, stimmigen Zustand zu erreichen mit dem Ziel, möglichst wenig Energie zu verbrauchen.» Dies ist ein Zustand, in dem das Denken, Fühlen und Handeln eine Einheit bildet und die Verbundenheit mit anderen und der Natur erlebt wird. 

«Je ausgeprägter dieses Kohärenzgefühl ist, desto stärker ist die Fähigkeit eines Menschen, situationsadäquat und flexibel reagieren zu können und im Hinblick auf die Gestaltung und Erhaltung seiner Gesundheit auf geeignete Ressourcen zurückzugreifen.» 

Es ist dringend notwendig, dass Kinder bereits im Kindergarten und in der Schule Methoden der Selbstregulation erlernen, um das Kohärenzgefühl zu pflegen und zu stärken.

«Mit Hilfe von Hypnose können wir unseren inneren Zustand, unsere Gedanken, Emotionen und Energie auf eine Art und Weise so verändern, dass ein Kohärenzgefühl entsteht.»

Hypnose wird weltweit in vielen Kulturen und in Einzelfällen schon seit 4000 Jahren praktiziert. Im 17. Jahrhundert entdeckte der Wiener Arzt Franz Anton Mesmer die uralte Technik wieder und nannte sie «magnetisches Heilen». Der Begriff Hypnose ist 1843 von James Braid verwendet worden. 

«Bis zur Einführung von Lachgas als Narkosemittel war Hypnose eine der wenigen Möglichkeiten zur Schmerzbetäubung bei Operationen. Und sie galt auch als einzige Form der Psychotherapie, bis Sigmund Freud die Psychoanalyse entwickelte. Heute erlebt die alte Heilkunst als Hypnotherapie eine Renaissance.»                                                

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